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Partyspaß Digitalisierung

By Karla Schlaepfer
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Wenn das Gespräch auf einer Party das Thema Digitalisierung streift, dann wird es so richtig lebendig unter den Gästen. Denn natürlich hat jeder eine qualifizierte Meinung dazu, was die Ver-Smart-phonung mit uns allen heute und in Zukunft anstellen wird.

Fragt man Bill Gates, dann kann „die digitale Revolution die Zeit verfügbar machen, in der Menschen Wichtigeres tun können“. Und von Angela Merkel hört man, dass „wir die Möglichkeit für ein digitales Wirtschaftswunder haben. Die Frage ist nur, ob es in Deutschland stattfindet“. Wenn ich allerdings meinen Physiotherapeuten nach der digitalen Transformation frage, erlebe ich einen sehr bunt gefächerten Erfahrungsbericht über die Variationsmöglichkeiten krankhafter Handy-Nacken.

Nicht, dass diese drei auf meiner letzten Grillparty gewesen wären, doch ihre Aussagen spiegeln in gewisser Weise die gesellschaftliche Vielfalt und Unsicherheit darüber wider, ob denn nun noch mehr Web 2.0, noch mehr Internet of Things, noch mehr Folksonomy, Crowdsourcing und Prosumer eine gute oder eine schlechte Entwicklung sei. Wie soll man das auch bewerten, wenn kleine Apps wie Uber, Airbnb und Netflix ganze Taxiunternehmen, Hotelketten und Videoläden an den Rand ihrer Existenz bringen oder zumindest dafür sorgen, dass sie in schweres Grübeln und hektischen Aktionismus verfallen? Oder sind letztere einfach nur selber schuld, haben sie eine Entwicklung verschlafen, die ohnehin nicht aufzuhalten ist?

Empörung durch Entzug von Handys

Fest steht, dass es mittlerweile zu den effektivsten Erziehungsmaßnahmen gehört, einem jugendlichen digital-native seinen Zugang zum world-wide-web oder zur digitalen sozialen Welt vorübergehend zu entziehen. Diese Empörung müssen Sie mal erleben. Da sieht man sich schnell dem Vorwurf der Beraubung grundlegender Menschenrechte ausgesetzt, nicht selten mit einem Hinweis auf die UN-Menschenrechtscharta. Ja, wenn es darum geht, für die eigenen Interessen schnell die richtigen Informationen zu googlen, dann ist unsere nächste Generation kaum zu schlagen.

Auf der anderen Seite fehlen uns zigtausende von Informatikern und IT-Spezialisten in deutschen Unternehmen und im Bildungssystem. Wollen wir denn die Digitalisierung unserer Welt nicht selber mitbestimmen und gestalten? Sind wir mit der Rolle eines die Beine hochlegenden Anwenders – ach nein: der Rolle eines den Nacken vorschiebenden Nutzers – zufrieden? Werden in Zukunft die Programmierer von google, facebook und amazon bestimmen, wie unsere Welt aussieht, während wir uns auf das Versenden lustiger Tweets beschränken?

Deutsche Unternehmer als Verlierer?

Ja, wer kann schon ausschließen, dass einige deutsche Unternehmen tatsächlich zu den Verlierern der digitalen Transformation zählen werden, weil sie die Schubkraft dieses zweiten Maschinenzeitalters unterschätzen und sich von einer Welle der Ohnmacht tragen lassen. 61% der deutschen Unternehmen im Mittelstand, so stellt eine Untersuchung im März 2015 fest, fühlt sich als Getriebener der Digitalisierung, nicht als Gestalter.

Angela MerkelUnd genau solche Aussagen machen uns hellhörig und die Arbeit an unserem Buch so spannend. Wir wollen deutschen Unternehmen aufzeigen, wie sie aus dieser getriebenen Rolle in eine proaktive Haltung der Mitgestaltung übergehen können, ohne ihr bestehendes Geschäftsmodell über den Haufen zu werfen.

Wer heute noch mit erstarrter Ehrfurcht ins Silicon Valley blickt, der kann schon morgen mit einer disruptiven Idee dazu beitragen, dass seine Mitarbeiter – wie Bill Gates sagt – „Zeit für Wichtigeres haben“ und – wie Angela Merkel wünscht – der „Erfolg in Deutschland stattfindet“.

Und letztlich freut das auch meinen Physiotherapeuten, wenn proaktive, mitgestaltende, erfolgreiche und glückliche Menschen seiner sehr wohltuenden Halswirbelbehandlung nicht bedürfen. Ja, es wäre schon toll, diese drei in live auf meiner nächsten Party zu haben. Aber vielleicht gründen wir erstmal eine digitale WhatsApp-Gruppe. Haben Sie die Nummer von Bill Gates?

Von Martin Welz

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