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Neue Fehlerkultur: 5 Gründe deine Fehler zu lieben

By Karla Schlaepfer
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Kennst du diese kleine Legende, die u.a. Henry Ford zugesprochen wird?

Einmal rief der Chef einen Manager zu sich. Dieser hatte eine vorschnelle Entscheidung getroffen und damit dem Unternehmen Schaden zugefügt. Der Manager reagierte im Stile einer öffentlichen Person: „Selbstverständlich übernehme ich die Verantwortung für meinen Fehler und kündige sofort.“ – „Sind Sie wahnsinnig“, antwortete Henry Ford, „wir haben gerade über eine Million Dollar in Ihre Ausbildung investiert!“

„In den USA“, so Prof. Ulrich Weinberg vom Hasso-Plattner-Institut, Potsdam, „wird ein gescheiterter Unternehmer angesehen, als jemand der um eine Erfahrung reicher ist. Und nicht wie eine gescheiterte Persönlichkeit.“

Auf diesem Weg müssen wir in Deutschland noch kräftig nachlegen. Doch in jedem Fall ist es ein guter Anfang, wenn in deutschen Start-Ups heute lieber von sogenannten learnings als von Fehlern gesprochen wird. So auch die Fuck-up nights, die gerade in Deutschland angesagt sind. Sie kehren den Umgang mit dem Scheitern in eine Gelegenheit zum Feiern um, bei der Erkenntnisse aus den Fehlern anderer als Bereicherung oder als Chance, eine wichtige „Opportunity“, gesehen werden.

Warum also Fehler lieben?

In unserer digitalen, schnellen Geschäftswelt ist der Bedarf an neuen, innovativen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen wichtiger als je zuvor. „Wir brauchen radikale und disruptive Geschäftsideen“, hallt es aus den Geschäftsetagen. Aber wie? Um Neues zu wagen, müssen Führungskräfte Ihren Mitarbeitern u.a. den Rücken stärken; die Sicherheit, experimentieren zu können und eine transparente Fehlerkultur sind grundlegend für Innovation. Und das gilt nicht nur in Innovationslabs oder kreative Abteilungen.

In den USA wird ein gescheiterter Unternehmer angesehen, als jemand der um eine Erfahrung reicher ist. Und nicht wie eine gescheiterte Persönlichkeit.

Die gelebte Fehlerkultur hat einen der höchsten Effekte auf den Erfolg eines Projektes, fand Prof. Komus im Mai 2015 heraus: „Bei 83% der erfolgreichen Projekte hat die gelebte Kultur Fehler als unvermeidlich und als Chance zum Lernen und zur Entwicklung von Innovationen akzeptiert. Hingegen wurde bei 72% der nicht erfolgreichen Projekte angegeben, dass keine solche Fehlerkultur gelebt wurde.“

(Komus Studie des BMP-Labors der Universität Koblenz, 2015, S. 86)

Innovation ist eine Entdeckungsreise

So abwegig wie es klingen mag, Innovation ist eine Art Entdeckungsreise, die ganz andere Anforderungen an Führung stellt als das Kerngeschäft. Das zeigen Untersuchungen von Prof. Nathan Furr, Assistant Professor of Strategy an der INSTEAD Business School. „Bei besonders innovativen Unternehmen sind die Innovationsmanager keine Experten darin, ein besonders herausragendes Produkt zu erfinden, sondern darin, eine Organisation zu entwickeln, die aus Misserfolgen schneller, effizienter und konsistenter lernt als die Konkurrenz.“ (Furr 2015, S. 51)

Wie können Führungskräfte den Aufbau einer konstruktiven Fehlerkultur in Unternehmen beginnen? Hier sind 5 Tipps:

Tipp 1: Weg von Shaming and Blaming and Naming

Das häufig praktizierte „Naming – Blaming – Shaming“ – System, das den Schuldigen identifiziert und anprangert ist alleine eine super Sache, um das Selbstvertrauen einer Person zu zerstören, Angst zu schüren und Mitarbeiter zu bewegen ihren Fehler zu leugnen. In einer konstruktiven Fehlerkultur gibt es einen offenen, nach vorne blickenden Umgang mit Misserfolgen. Statt einer inquisitorischen Haltung trifft man dort auf eine lernende Haltung. Und dazu gehört insbesondere die Entpersonalisierung von Fehlern. Fehler nicht als persönliches Scheitern sofort einzustufen. Sondern wenn es gelingt, mit Empathie, als spezifische Lernchancen einzusehen.

Tipp 2: Fehlerhaltung sichtbar machen.

Hier geht es um Entpersonalisierung, damit sich eine offene Haltung entwickeln kann. Jeder Mensch hat durch seine Erfahrungen eine individuelle Haltung im Umgang mit Fehlern gebildet. Im gleichen Sinne hat jeder Mitarbeiter gelernt, wie das Unternehmen mit Fehlern umgeht (institutionelle Fehlerhaltung). Der erste Schritt in eine konstruktive und lernende Fehlerkultur ist es, diese vielfältigen, individuellen und institutionellen Fehlerhaltungen im Unternehmen sichtbar und zu machen und darüber sprechen zu können.

Tipp 3: Gespräche über Fehler versachlichen

Als Teamleiter oder Chef lebst du den transparenten Umgang mit Fehlern vor. Du bist in der Lage, das Gespräch über Fehler zu versachlichen. Hierzu kannst du (oder eine Fehler- Arbeitsgruppe?!) Beschreibungen von Fehlern sammeln. Dann erstellst du eine Übersicht derjenigen Fehler, die in der Vergangenheit aufgetreten sind. Bezeichne diese zum Beispiel als Standardfehler, Prozessfehler, Produktionsfehler, Messfehler, Flüchtigkeitsfehler, versteckte Fehler u.s.w. Wähle die Fehler aus, die nicht auf ein rein technisches Problem zurückzuführen sind. Ordne diese dann den Typen menschlicher Denkfehler zu, wie z.B. falsche Deutung, Entscheidung zu schnell getroffen, Informationsmangel oder Überfluss. Nutze konkrete Kriterien, um dir einen systematischen Zugang zu Fehlerursachen zu verschaffen.

Tipp 4: Offenheit und Ehrlichkeit belohnen.

Ein Fehler oder Misserfolg ist in sich keine honorable Leistung. Führungskräfte können aber einen offenen Umgang mit solchen Rückschlägen und eine andere Bewertung dieser praktizieren, indem sie die Anstrengungen anerkennen. Du kannst honorieren, wenn Mitarbeiter Fehler nicht vertuschen, nicht kleinreden oder sich permanent aus der Mitverantwortung herauslamentieren. Du kannst honorieren, wenn sich Mitarbeiter selber aktiv einbringen, um die Verkettungen aufzudecken, die zu diesem Fehler geführt haben. Versuche es doch mal mit einer einfachen Sache, indem du den Wettbewerb einführst: „Innovatives Scheitern des Monates“. Oder du beginnst die Meetings einfach mal damit, dass jemand erzählt, was ihm nicht gut gelungen ist und was er das nächste Mal anders machen wird.

Tipp 5: Experimentieren mit Prototypen

Neue Produkte/Dienstleistungen werden erst in Prototypen oder MVPs (Minimum Viable Products) mit den Kunden erprobt. Design Thinking bietet als Innovationsmethode eine ausgewogene Balance zwischen kreativen und analytischen Verfahren. Diese Mischung motiviert Teams, Coaches und Projektpartner mit Problemstellungen und Lösungsansätzen wesentlich experimentierfreudiger umzugehen.

Die Arbeit mit Prototypen ist im Design Thinking die Erlaubnis, Fehler zu machen und einiges auszuprobieren. Was für eine Befreiung! Angst wird reduziert, Mut wird freigesetzt, Ideen müssen und sollten nicht auf Anhieb perfekt sein und gelingen. Kreativität braucht eine solch konstruktive Fehlerkultur. Anstatt die gesamte Energie in Kontrolle und Fehlervermeidung zu stecken, akzeptiert man im Design Thinking, dass Fehler in einem gewissen Maße unvermeidbar sind und daraus eine Lernchance generiert werden kann. Statt Fehlervermeidung gilt dann Fehlerfreundlichkeit.

Nicht nur Fehlerfreundlichkeit sondern auch smart Scheitern ist angesagt!

Astro Teller, der Innovationsguru von Google X, sagte einmal: „Sie müssen Leute für das Scheitern belohnen. Wenn Sie das nicht tun, werden sie kein weiteres Risiko auf sich nehmen und keine Durchbrüche erzielen. Wenn Sie Scheitern nicht belohnen, werden die Menschen aus Furcht vor den Folgen auch an zum Scheitern verurteilen Ideen festhalten. Das kostet Zeit und zehrt am Geist der Organisation“.

Wandel, Erneuerung und Innovation brauchen einen gestalterischen Freiraum, in dem Fehler, Experimente und kalkulierbare Risiken unverzichtbare Lernchancen bieten. In einigen agilen Kreisen heißt es, dass Scheitern als eine mögliche Konsequenz angenommen werden muss – Fail early to suceed faster!

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