Nachhaltigkeit – Wenn Welten aufeinander prallen
Mit der Kamera meines iphones der 5. Generation versuche ich das Gebäude der Conrad Rice Mill in New Iberia (Louisiana, USA) komplett auf einem Photo einzufangen. Meine Güte, was prallen hier gerade unterschiedliche Welten aufeinander während ich den Blickwinkel der Linse mit der Sonneneinstrahlung abstimme.
In meiner Hand eines der großen Wunderwerke moderner Technik, eine elektronische Allzweckwaffe, Fotoapparat, Telefon, Navigationssystem, eine vollständige Kommunikationszentrale aus Silikon und Kunststoff. Das Objekt in meiner Linse hingegen eine 100 Jahre alte Südstaaten-Reismühle, bei der die Zeit vollkommen stehen geblieben zu sein scheint.
Und zwar nicht nur bei den teilweise rostigen Metallschalungen des Gebäudeäußeren und dem inneren Holzausbau. Die komplette Reisherstellung – wie wir auf unserer Führung von Wendy erfahren – funktioniert noch genauso wie im Gründungsjahr 1912. Da ist zum Beispiel die aus dem Jahr 1927 (übrigens aus Deutschland stammende) Rüttelmaschine, da ist die Schädlingsbekämpfung in Form dreier herumstreunender Katzen und da ist die alte Laderampe, in die heute Lastwagen so gerade einfahren können, weil der Reis früher nur mit Pferdegespannen angeliefert wurde und vieles mehr. Alles ist so unverändert, dass man sich wie auf einer Zeitreise zurück an den Anfang des 20. Jahrhunderts fühlt.
Ich weiß nicht mehr, ob ich mir schon während der Besichtigungstour die Frage gestellt habe, warum die durchschnittliche Lebensdauer moderner Geräte, so wie die meines iphones, nur etwa 18 Monate beträgt, während P.A. Conrad seinen Reis immer noch mit der gleichen Technik produziert wie vor 100 Jahren. Unglaublich, dass diese alten Transportbänder in der Mühle noch laufen. Aber dieser Vergleich gärt in mir, die beeindruckend rasante Entwicklung, die Apple mit seinen Innovationen vorlegt, und auf der anderen Seite die ebenso beeindruckend zuverlässige Beständigkeit, mit der die Conrad Rice Mill noch heute arbeitet. 18 Monate gegen 100 Jahre, Innovation gegen Tradition, Nachhaltigkeit gegen…
Ja, gegen was denn? Nachhaltigkeit ist ja eine der spannenden Fragen, die wir mit Prof. Nathan Shedroff für unser Buchprojekt JoinCreativePeople erörtert haben. Können wir uns heute überhaupt noch Produkte oder Dienste leisten, die nicht nachhaltig sind? Nachhaltig in welcher Hinsicht, für die Umwelt, den Finanzmarkt oder die Gesellschaft – geht überhaupt alles gleichzeitig? Und nun dieser Kontrast auf unserer Interview-Tour zwischen Louisianas 100 Jahre alter Reismühle und Apples headquarter auf der Infinite Loop im Silicon Valley.
Ich versuche es mit einem Faktencheck:
Was P.A. Conrad zu einem nachhaltigen Produzenten macht, ist nicht nur die Tradition und der geringe Verschleiß der Maschinen sondern auch die Tatsache, dass er alle Bestandteile eines Reiskorns für verschiedene Produkte nutzt, es entsteht seit 100 Jahren kein Abfall. Und der Reis schmeckt echt gut 🙂
Was Apple auf der anderen Seite zur Nachhaltigkeit beiträgt, ist ja auch unter dem Begriff “Dematerialisierung” bekannt. Indem Apple die Funktionen anderer Geräte in das iphone integriert, wie zum Beispiel die eines Fotoapparates, werden diese anderen Geräte überflüssig und die gesamte Produktion dafür eingespart.
Also unentschieden, oder – wie fällt dein Faktencheck aus?