„Die rastlose Optimierung des einzelnen Produkts, die unanfechtbare technologische Spitzenleistung, die Ingenieurskunst auf höchstem Niveau, kurz: der Wettkampf um des Wettkampfs Willen verliert ganz offensichtlich seine Zugkraft. Ein Grund dafür ist, dass Konsumenten immer weniger nach dem Schnellsten, dem Besten und dem Schönsten fragen, sondern den Nutzen, den ganz pragmatischen Vorteil ins Zentrum ihrer Überlegungen stellen.“, beurteilt Ulrich Weinberg, Leiter der School of Design Thinking am Hasso-Plattner-Institut, Potsdam, das Einkaufsverhalten von Kunden im 21. Jahrhundert.
Im Venn-Diagramm aus der Mengenlehre lässt sich einfach darstellen, was aus heutiger Sicht Innovation bedeutet. Sie ist die Schnittmenge aus technisch machbar, wirtschaftlich sinnvoll und dem Menschen nützlich. Das ist nicht neu, wird bei der Entwicklung jedoch leider häufig versäumt.
Den Kunden des Kunden aus dem Auge verloren
Ein wunderbares Beispiel aus der Praxis: Doug Dietz von General Electric hatte einen hochqualitativen und kostengünstigen Magnetresonanztomografen (MRT) konstruiert, der in in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht allen Maßstäben einer exzellenten Innovation standhielt. Es war ein Hightechgerät mit einem unglaublichen Funktionsumfang. Er konnte in einem wirtschaftlich rentablen Rahmen für General Electric als Hersteller und für deren Kunden, die Krankenhäuser, realisiert werden. Doug Diez war zurecht stolz, zumal sein Tomograf für den International Design Excellence Award nominiert war.
Doch als Doug eines Tages mit ansah, welche Angst sein MRT bei Kindern auslöste, schwand sein ganzer Stolz auf seine Erfindung. Bei der Konzeption hatte er einen wichtigen Blickwinkel, nämlich den der späteren Nutzer, der Kunden des Kunden Krankenhaus nicht in Betracht gezogen. Er entschloss sich, die Erfindung vom Nutzer aus zu verstehen. Dazu begab er sich in eine Kindertagesstätte und beobachtete die Kinder beim Spielen. Er versuchte, sich in ihre Sichtweise einzufühlen. Am Ende entstand ein vollkommen neu designtes MRT, zu dem es sogar ein Drehbuch für die ärztliche Assistenz gab. Entstanden war das Abenteuer auf einem Piratenschiff. (vgl. Kelley/Kelley 2014, S.30 ff.)
Ergebnis: Die kleinen Patienten hatten jetzt keine Angst mehr. Ganz im Gegenteil, manche fragten ihre Eltern, ob sie am nächsten Tag wieder zu diesem Abenteuer kommen könnten. Während sie in der Röhre waren, hielten sie still, sodass die Aufnahmen auf Anhieb funktionierten. Das hatte positive Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit, da nun mehr Patienten an einem Tag geröntgt werden konnten. Weitere Infos auf Englisch.
Verstehen, was begeistert
Wer heute erfolgreich entwickeln und innovieren möchte, muss sorgfältig nach den tatsächlichen Problemen und Bedürfnissen seiner Kunden forschen und deutlich mehr Engagement in das Frontend des Innovationsprozesses stecken. Auf einem mit qualitativ gleichwertigen Produkten überfluteten Markt kann man den mit umfangreichem digitalen Wissen ausgestatteten Kunden nur emotional erreichen. Und das geht wiederum nur, wenn man seine Perspektive empathisch eingenommen, seine Bedürfnisse tiefgreifend verstanden hat und wie die Indianer sagen, in seinen Schuhen gelaufen ist.
Design Thinking Methode
In unseren Design Thinking Workshops lernen die Teilnehmer, die Sichtweise ihrer Kunden einzunehmen. Sie führen Interviews und erproben, wie man die richtigen Fragen stellt, um die häufig unbewussten Bedürfnisse der Kunden herauszubekommen.
Die nächsten Design Thinking Workshops finden am 26. Januar und 23. Februar 2019 in Köln statt. Weitere Infos zum Workshop.
Auszug aus dem Buch „Das dynamische Unternehmen. Wie Wertewandel, Innovation und Digitalisierung zum Erfolg führen“ von Karla Schlaepfer und Martin Welz